Eingewöhnung

Der Übergang aus der Familie in eine Tagespflegeeinrichtung stellt für jedes Kind eine große Herausforderung dar. Es muss sich an eine fremde Umgebung anpassen und sich an einen veränderten Tagesablauf gewöhnen. Es muss Beziehungen zu fremden Erwachsenen und Kindern aufbauen und sich an eine mehrstündige Trennung von den Eltern gewöhnen. Die Eingewöhnung in eine Tagespflegestelle ist für das Kind auch in Begleitung eines Elternteils mit sehr viel Stress verbunden. Eine Eingewöhnung ohne Bezugsperson sollte unbedingt vermieden werden. Für die Eingewöhnung sollte vor Betreuungsbeginn genügend Zeit eingeplant werden. Sie dauert in der Regel zwischen einer und vier Wochen, je nach Kind. Ich orientiere mich bei der Eingewöhnung am „Berliner Eingewöhnungsmodell“, welches momentan Standard ist und auch in Kindertageseinrichtungen verwendet wird. Das Modell besteht aus fünf Stufen. Ich  möchte verdeutlichen, dass dieses Modell lediglich der Orientierung dient und je nach Charakter und Befindlichkeit des Kindes abgewandelt werden kann und evtl. auch muss.

1. Der erste Kontakt: Das Aufnahmegespräch

Das Aufnahmegespräch ist der erste ausführliche Kontakt zwischen Eltern und Bezugserzieher. Im Mittelpunkt stehen dabei das Kind und seine Bedürfnisse und die Eingewöhnung des Kindes in die Tagespflegestelle.

2. Die dreitägige Grundphase:

An drei aufeinander folgenden Tagen besucht das Kind mit einer Bezugsperson die Einrichtung. Sie bleiben ca. eine Stunde und gehen dann wieder. Die Bezugspersonen sind in der Regel die Eltern. Das Kind kann aber auch von einer anderen Person begleitet werden, wenn zu dieser eine enge Bindung besteht, z.B. die Oma. In diesen ersten Tagen findet kein Trennungsversuch statt. Die Bezugsperson sollte sich während des Aufenthalts passiv verhalten. Das bedeutet, dass sie dem Kind volle Aufmerksamkeit schenkt, ihm von sich aus aber keine Spiel- oder Kuschelangebote macht. Das Kind sollte nicht bedrängt werden, sich von der Bezugsperson zu entfernen. Diese fungiert als „sichere Basis“, von der aus das Kind die Räumlichkeiten, die fremden Erwachsenen und Kinder erkunden wird. Die Tagespflegeperson nimmt vorsichtig Kontakt zu dem Kind auf und beobachtet die Situation.

3. Erster Trennungsversuch

Die Bezugsperson kommt am vierten Tag mit dem Kind in die Einrichtung, verabschiedet sich nach einigen Minuten klar und eindeutig und verlässt den Gruppenraum für ca. 30 Minuten, bleibt aber in der Nähe. Jetzt gibt es zwei mögliche Reaktionen des Kindes.

Entweder das Kind bleibt gelassen oder weint, lässt sich aber rasch von der Tagespflegeperson trösten und beruhigen und findet nach kurzer Zeit zurück in sein Spiel.

Oder das Kind protestiert, weint, und lässt sich von der Tagespflegeperson auch nach einigen Minuten nicht trösten bzw. fängt ohne ersichtlichen Anlass wieder an zu weinen. Der Trennungsversuch sollte dann abgebrochen werden.

4. Stabilisierungsphase:

Kürzere Eingewöhnungszeit

Hat das Kind die erste Trennung gut überstanden, kann die Trennungszeit am 5. + 6. Tag langsam ausgedehnt werden. Die Tagespflegeperson kann sich am Füttern und Wickeln des Kindes beteiligen und beobachtet dabei die Reaktion des Kindes. Die Bezugsperson bleibt weiterhin in der Nähe der Tagespflegestelle, so dass sie in fünf bis zehn Minuten eintreffen könnte. Sollten auch diese Trennungsversuche gut verlaufen sein, spricht dies dafür, dass dem Kind eine verkürzte Eingewöhnungsphase, von ca. sechs Tages genügen könnte.

Längere Eingewöhnungszeit

Akzeptiert das Kind eine Trennung von der Bezugsperson noch nicht und lässt es sich von der Tagespflegeperson nicht trösten, werden weitere Trennungsversuche aufgeschoben. Der 5. – 6. Tag dienen somit der Stabilisierung der Beziehung des Kindes zur Tagespflegeperson. Ein erneuter Trennungsversuch sollte frühestens am 7. Tag stattfinden. Je nach Verlauf dieser Trennungssituationen kann die Eingewöhnung des Kindes auf 2-4 Wochen ausgedehnt werden.

5. Schlussphase

Die Bezugsperson bleibt weiterhin jederzeit telefonisch erreichbar, sollte die Tagespflegeperson das Kind in einer außergewöhnlichen Situation einmal nicht trösten können. Die Eingewöhnung gilt dann als beendet, wenn das Kind sich schnell von der Tagespflegeperson trösten lässt und grundsätzlich in guter Stimmung spielt.

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